Juristische Urteile sollten durch (mehr oder weniger) explizite Normen bestimmt sein. Sie treffen nicht den Entscheidenden, sondern Dritte. Sind sie kontextabhängig, so ist das problematisch. Ob jemand verwahrt wird, sollte davon abhängen, ob von ihm eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ausgeht, die nicht durch andere Massnahmen verhindert werden kann (Art. 59, 64 Abs. 1 Vorentwurf). Der Entscheid für eine ordentliche Verwahrung sollte nicht davon beeinflusst werden, ob die Möglichkeit der lebenslänglichen Verwahrung ebenfalls zur Auswahl steht, wenn der Täter eine besonders schwere Anlasstat begangen hat und «im Vergleich zu anderen Tätern solcher Delikte eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass er ein weiteres Verbrechen dieser Art begeht, und der Täter aufgrund besonderer Persönlichkeitsmerkmale als dauerhaft nicht therapierbar eingestuft wird» (Art. 64 Abs. 1ter lit. a und b Vorentwurf). Kontrast- und Kompromisseffekt legen aber nahe, dass eine solche Beeinflussung erfolgt. Durch die Einführung einer weiteren, scheinbar klar abgegrenzten, Kategorie werden nicht nur die Fälle geregelt, die in diese Kategorie fallen. Es verschiebt sich auch das Verhältnis der bisherigen Kategorien – ohne dass die formellen Abgrenzungskriterien verändert würden. Dies gilt selbst dann, wenn die neue Kategorie kaum je angewandt wird. Dass das neue Institut der lebenslänglichen Verwahrung möglicherweise kaum angewandt werden wird, ändert daher nichts daran, dass sich die Zahl der ordentlichen Verwahrungen erhöhen und die Einführung der lebenslänglichen Verwahrung praktische Auswirkungen haben wird.
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